In Anbetracht der unterschiedlichsten Brennstoffangebote stellen sich immer mehr Oldtimerpiloten die Frage was soll ich bloß tanken?
Jedes mal, wenn ich an der Zapfsäule stehe, schwirren eine Vielzahl von Gedanken in meinem Kopf herum und machen mir die Entscheidung schwer. Darum habe ich jetzt den ultimativen Benzintest gemacht.
Der Benzintest zur Frage, was soll ich bloß tanken?
Als Testobjekt musste, mein alter Indianer herhalten, der mit der Tatsache auftrumpfte, dass Motor und Getriebe im absoluten Originalzustand sind.
Außerdem wurde das Fahrzeug viel bewegt und konnte daher alle möglichen Fahrzustände abbilden, ausgenommen natürlich längere Vollgasorgien. Diese würden nicht nur den antik anmutenden Eisenklotz technisch überfordern, sondern wahrscheinlich die vorhandenen Rohöl-Reserven empfindlich reduzieren und ich wollte keine neue Ölkrise auslösen.
Der Test lief insgesamt 2 Jahre über ca. 20.000 KM mit durchschnittlicher Fahrweise.
Grundsätzliches zum verfügbaren Treibstoff in Deutschland
Der Tankwart (Ausbeutungsbeauftragter der Bundesregierung) bietet dem willigen Kunden im Grunde drei Auswahlmöglichkeiten.
- Normalbenzin (E10) 91 ROZ
- Superbenzin (E5) 95 ROZ
- SuperPlus (E?) 98 ROZ
In Ausnahmefällen und bei besonders ausgeprägter Bleifußanschwellung kann man natürlich auch noch auf klein eine Auswahl an Designerdrogen in Form von Ultimate V-Power oder gar richtigen Rennsprit ausweichen. Da diese Dinge aber nicht flächendeckend (anbieterspezifisch) in gleicher Qualität zur Verfügung stehen, habe ich diese nicht mit in meinen Test einbezogen.
Das Problem liegt in der Zusammensetzung
Die aktuellen Benzinsorten sind unterschiedlich aufgebaut. Durch die steigenden Rohölpreise und dem erklärten Ziel mehr regenerative Substanzen zu verwenden wird heute das Benzin immer stärker aus Bio-Ethanol und anderen synthetischen Substanzen hergestellt. Getreide, Zuckerrüben, Mais oder auch das umstrittene Palmöl ist heute ein fester Bestandteil im Benzin.
Das erklärt übrigens auch, warum heute keiner mehr von versiegenden Rohölquellen spricht. Der Trick ist einfach, man mischt synthetisch alles zusammen, was billig auf dem Markt zu bekommen ist. Das gute Rohöl kommt dann evtl. noch als Beigabe mit dazu und wird damit immer mehr zum Spurenelement.
Nach DIN EN 228 besteht Superbenzin aus folgenden Stoffgruppen:
- Alkane – Sie hießen früher Paraffine. Es sind einfach gesättigte Kohlenwasserstoffe, bei denen keine Mehrfachbindungen zwischen den Atomen auftreten. Sie bestehen aus den Elementen Kohlenstoff (C) und Wasserstoff (H).
- Aromaten – bis zu 42 Volumenprozent!
- Alkene bei Super Plus – bis zu 21 Volumenprozent
- Benzol – bis zu 1 Volumenprozent
- Schwefel – max. 150 mg/kg
- Sauerstoff – max. 2,7 Masseprozent
Die restlichen Volumenprozente bestehen aus Ether, einer farblosen, leicht flüchtigen Flüssigkeit, sowie Additiven. Wie oder aus was diese Stoffe hergestellt werden, ist nicht näher vorgeschrieben. Zusammengefasst kann man also sehen, dass der BIO-Ethanol-Anteil immer weiter steigt.
SUPER 95 darf bis zu 5% Ethanol enthalten!
Das Problem ist dabei, Ethanol ist hygroskopisch (es zieht Wasser an).
Dazu Folgendes:
Wenn ich 100%iges Ethanol offen stehen lasse, dann zieht dieses Wasser bis zum Sättigungsdampfdruck. Wie viel Wasser im Gleichgewicht enthalten ist, hängt von der Umgebungsluftleuchte ab, die bei uns in Mitteleuropa insbesondere bei Regen auch mal maximal sein kann. Dennoch bleibt der Wert bei etwa 4,4% Wasser im Ethanol stehen, weil das Gemisch ein Minimum azeotrop hat. Ab diesem Wassergehalt verdunstet das Gemisch wie eine Flüssigkeit aus nur einer Komponente und die Zusammensetzung bleibt konstant.
Ethanol gilt als Bioalkohol. Alkohole sind hygroskopisch (wasseranziehend), d.h. Wasser sammelt sich im Tank und bildet dort einen idealen Nährboden für Mikroorganismen wie Bakterien, Hefen und Pilze. Bei längeren Standzeiten bauen diese den Alkohol an der Grenzschicht zwischen Wasser und Alkoholgemisch dann zu Essigsäure um.
Essigsäure Hui, was für ein Scheiß
Dieser Zersetzungsprozess führt im Umkehrschluss dazu, dass unsere modernen Benzinkraftstoffe in kürzester Zeit auch noch ihre Zündfähigkeit verlieren.
Die Essigsäure im Tank entsteht, wenn die vorhandenen Bakterien den Alkohol (das Ethanol) unvollständig veratmen. Dazu benötigen diese Kleinstlebewesen eine große Menge Sauerstoff, welcher systembedingt in jedem Tank vorhanden ist. Durch die Bewegungen des Kraftfahrzeugs beim Fahren wird der Treibstoff immer wieder neu mit Sauerstoff angereichert und durchmischt. Aber auch ohne die Anwesenheit von Mikroorganismen führt bereits die reine Alterung des Ethanols – in Verbindung mit Sauerstoff – über Oxidation zu Essigsäure im Tank. Die Korrosionsschäden, welche die Essigsäure dann an Stahlblechtanks und Metallteilen der Kraftstoffversorgungsanlage anrichtet, sind verheerend.
Wie schnell sich das Azeotrop (nicht trennbar) einstellt, hängt davon ab, wie intensiv das Ethanol mit der feuchten Luft in Kontakt kommt: wenn ich da Luft durchblubbere, geht das sehr schnell in wenigen Minuten, wenn sich die Pfütze in einem mit Einfüllstutzen und Deckel verschlossenem Tank befindet, wobei der Deckel nur lose aufliegen muss, kann das Jahre dauern.
Doch, Ethanol und Wasser sind beliebig mischbar (denk an den Whisky: 50% Wasser auf 50% Whisky, halb austrinken, mit Whisky auffüllen, halb austrinken, mit Whisky auffüllen, … geile Sache eigentlich).
Kommt noch eine dritte Komponente (Benzin) hinzu, so werden die Verhältnisse komplizierter, weil diese zwar mit Ethanol, aber nicht mit Wasser mischbar ist. In reinem Benzin löst sich nur ganz wenig Wasser (<0,1%), in der Mischung.
Wichtig für die Ethanol-Tanker ist eher noch eine andere Eigenschaft, die zu Schwierigkeiten führen kann. Wenn ich zwei Sorten, also z.B. E05 und E85 mische, und beide waren zuvor mit Wasser gesättigt, kann die Mischung das Wasser, was in beiden gelöst war, wegen der Krümmung der Löslichkeitskurve nicht mehr aufnehmen und es scheidet sich Wasser ab! (Wohlgemerkt: wenn diese beiden zuvor nicht gesättigt waren, kann es gut gehen!) .Das ist ein sehr unangenehmes Verhalten und kann insbesondere beim Drauf tanken auftreten. Also den Mist nicht noch mischen.
Arsch in der Hose ist wichtig, nicht … ich könnte mal dies… oder heute mal das. Hart bleiben Mädels!
Wichtige Erkenntnis:
Der Sättigungsgrad ist entscheidend.
Verblüffendes Ergebnis
Das wirklich erstaunliche Ergebnis war ein Test, der zeigte, dass die E5 Variante offenbar schädlicher reagierte als E10.
Eine genauere Untersuchung zeigte dann den Zusammenhang. Durch den geringeren Anteil an Ethanol wurde das vorhandene Volumen schneller gesättigt, und wird damit auch schneller problematisch.
Im Endeffekt handelt es sich um ein Zeitproblem. Der Sprit im Tank braucht eine Weile, um an das Wasser aus der Luft zu kommen (wenn der Tank zu ist). Ebenso entsteht ja bei der Verbrennung von “normalem” Benzin auch immer Wasser, was ja bekanntlich bisher nie zu Problemen geführt hat.
Bei E10 dauert es länger als bei E5.
Im Praxistest habe ich jedenfalls mit allen Benzinsorten problemlos fahren können (bin hart geblieben und habe den Indianer immer erst austrinken lassen). Auch nach dem Öffnen des Vergasers sind keine markanten Rückstände oder etwa Korrosion festzustellen. Sämtliche Dichtungen sowie die Benzinpumpe funktionieren absolut unbehelligt weiter. Der Verbrauch ist gefühlt bei E10 etwas höher gewesen, allerdings nicht messbar.
Fazit: E10 ist besser als E5
Ich habe mich jetzt entschlossen E10 zu fahren und gebe bei jeder 3. Tankfüllung etwas Bleiersatz hinzu. Dann tanke ich zum Saisonende, wenn das Fahrzeug in den Winterschlaf geht, noch mal eine Runde SuperPlus und fahre damit noch ca. 20 Km, bevor ich den alten Indianer einmotte.
Meine Ölwechselintervalle sind eh so bei 5000 KM recht kurz gesteckt.
Also ran an den Alkohol.
Hi,
tolle Website, bin sehr froh, dass ich Dich gefunden habe.
Bin seit 1 Woche (und 2 Jahren Restaurationszeit) stolzer Besitzer eines 70er Trans Am mit 455er. Habe ihn pünktlich zum Winter bekommen 🙁 Nach wenigen Ausfahrten kommt er nun in die Garage.
Deinen Sprittest habe ich gelesen. Meine Werkstattjungs rieten mir zur “Designerdroge”, mindestens aber SuperPlus. Und zum Bleiersatz von ERC. Jetzt lese ich, dass Du nur jede dritte Tankfüllung mit Additiv ergänzt. Warum genau? Und wieso nicht jede Füllung? Gibt es da einen Richtwert?
Andere Frage:
Dass der Motor bei sehr kalten Temperaturen nach einem heftigeren Gasstoß fast nicht mehr zündet, liegt das am Vereisen des Vegasers aufgrund der Verdunstungskälte?
Dankeschön vorab,
stffn
Hallo Steffen, also den Bleiersatz verwende ich nur in Intervallen weil die Motoren theoretisch auch ganz ohne auskommen würden.
Abhängig ist das aber von der Gußqalität der Zylinderköpfe da bei den OEM Köpfen die Sitzfläche direkt in den Kopf gearbeitet ist.
Bei Alu Zylinderköpfen kannst du ohnehin Bleifrei fahren.
Zu deinem Vergaserproblem, was für ein Vergaser ist verbaut? Aftermarket (Holley,Edelbrock) oder ein Original Vergaser?
Bei den Aftermarketvergasern ist die standard Bedüsung für deinen 455er etwas eng. Das könnte evtl. zu einem solchen Phänomen führen.