Den Motor richtig starten klingt banal, aber viele ältere Fahrzeuge wurden laut Originalanleitung mit einer besonderen Abfolge von Vorgängen gestartet. Ich erkläre hier, was damals der Grund dafür war.
Früher und Heute
In der heutigen Zeit sind die Fahrer von Einspritzsystemen durch die automatische Gemischaufbereitung verwöhnt und junge Menschen kennen die früher typischen Vorbereitungen und Prozeduren vor dem ersten Start des Motors nicht mehr. Verwöhnt durch automatische Scheibenwischer und Lichteinstellungen wissen die Leute meist nichts mehr von der guten alten Zeit.
Bei den alten Vergaser-Motoren war es früher üblich, es stand bei einigen Autos sogar auf der Sonnenblende oder auf einem Schild im Fahrzeug, vor dem ersten Start das Gaspedal zweimal komplett durchzutreten. Hintergrund dabei sind zwei Dinge: Zum einen wurde hierbei die Kaltstarteinrichtung aktiviert und die entsprechende Klappe fiel, durch die Bimetall-Feder gesteuert, bei kaltem Motor zu. Weiterhin wurde bei dieser Bewegung aus der Beschleunigerpumpe ein wenig Benzin eingespritzt, um das Startgemisch etwas anzureichern. Man braucht sich also nicht zu wundern, wenn ein kalter Vergaser-Motor ohne dieses Prozedere nicht auf Anhieb anspringt.
Motor richtig starten – Den Vorgang optimieren
Wenn ich mir diesen Vorgang genau anschaue, bieten sich hier jedoch einige Möglichkeiten, den Motor etwas schonender zu starten.
Bei einem Motor, der länger als 12 Stunden steht, ist an den neuralgischen Punkten je nach Ölqualität des Öls nur wenig Schmierfilm vorhanden. Beim Anlauf entsteht dadurch ein hoher Verschleiß. Dieser Punkt ist bei Kurzstreckenfahrzeugen mit erheblich häufigeren Startzyklen deutlich zu erkennen. Der normale Kaltstart stresst den Motor.
Wenn wir also möchten, dass der Motor vor dem ersten Anlauf ein wenig Öldruck aufbaut, ist es das beste, einen sofortigen Start zu vermeiden. Wenn man also einfach die erforderliche Gemischaufbereitung durch das zweifache Gasgeben bei den ersten Umdrehungen des Anlassers weglässt, baut sich der Öldruck erst langsam auf ohne das schnelle Hochdrehen des anspringenden Motors. Nachdem die Öldruckkontrolle dann einen moderaten Öldruck anzeigt, kann man einfach wie in der Betriebsanleitung beschrieben den Motor starten.
Ist alles korrekt eingestellt, sollte der Motor mit erhöhter Leerlaufdrehzahl sauber warm laufen. Ein sofortiges Losfahren lässt den Motor schnell warm werden.
Nach einigen Minuten fällt die Leerlaufdrehzahl dann in kleinen Stufen bis auf den eingestellten Minimalwert ab.
Wird das Gaspedal in der Kaltlaufphase nicht betätigt, bleibt die eingerichtete Leerlaufdrehzahl auf dem aktuellen Wert. Ein kurzer Gasstoß nach einigen Minuten sollte die Leerlaufdrehzahl absenken.
Mit etwas Fingerspitzengefühl kann also dem kalten Motor ein wenig Stress erspart bleiben.
Es gibt allerdings einige Motoren, bei denen die Grundeinstellung des Vergasergemisches bereits so fett ist, dass ein sofortiges Durchstarten nicht über das Gaspedal beeinflusst werden kann. Hierfür kann man als Workaround einfach mit einem kleinen Schalter die Zündung unterbrechen.
Besser ist hier jedoch eine saubere Vergasereinstellung, da eine dauerhafte Überfettung des Motors zu zahlreichen weiteren Problemen führen kann.
Ablagerungen im Motor und Ölverdünnung sind nur einige Folgen für eine falsche Justierung des Vergasergemisches. Auf jeden Fall kann die Lebenserwartung eines Motors mit Vergaser durch etwas Feingefühl deutlich verlängert werden.
Hi,
danke für deine umfangreichen Ausführungen.
Da ich einen 389 Pontiac Star Chief 1964 fahre, suche ich Info´s zum Motor und bin auf deine Seite gestoßen.
Kleiner Tipp oder auch Angebot (teilweise sind Rechtschreibfehler drin). Ich bin gern behilflich diese kostenlos zu korrigieren. Ist natürlich nicht wichtig, aber ich sehe sowas halt. Sorry.
z. B. 1. Absatz 6. Zeile: Klappe viel (muss fiel heißen, kommt von fallen).
Biemetall – ohne e – Bimetall
Nix für ungut – ich weiß auch nicht alles…
Gruß Alexander
Hallo Alexander, du kanst dir gern die Beiträge noch einmal durchschauen. Wir haben hier zwar schon das “Vier-Augen-Prinzip” aber bei derart viel Text rutscht das ein oder andere halt mal durch.
Danke für deinen Tip.
Der 389er ist ähnlich wie der 400er in dem blauen Pontiac. Die Motoren sind vom Block her gleich aufgebaut.
Köpfe Bohrung und Stroke sind unterschiedlich ausgelegt. In meinen alten Büchern steht eine ganze Menge zu diesen Motoren.
Ich arbeite gerade an einer Motorübersicht für die Pontiacs.
Hallo,
bei meinem 76er Bonneville ist die Kaltstartprozedur eingehend im Betriebshandbuch beschrieben. Da wird zunächst empfohlen vor dem Anlassen das Gaspedal einmal komplett durchzutreten und dann langsam kommen zu lassen. Ich vermute, das langsame Lösen des Gaspedals erzeugt einen Unterdruck?, der gerade ausreichend Benzin ansaugt zum Fluten der Vergaserkammer. Ich habe schon Mechaniker gesehen, die 4 bis 5 mal wie blöde das Gaspedal schnell hintereinander treten. Das müsste doch eigentlich dazu führen, dass zuviel Benzin in die Vergaserkammer gelangt und das Gemisch zu fett wird und der Wagen beim Starten “absäuft” oder?
Ich habe noch nicht so richtig den Vorgang des schonenden Hochfahrens des Öldrucks verstanden. Also man soll das Gaspedaltreten vor dem Starten des Motors weglassen und einfach so starten um dann mit ein wenig “orgeln” den Öldruck langsam aufzubauen? Verstehe ich das richtig?
Hallo, also Unterdruck beim lösen zum ansaugen gibt es nicht. Die Vergaser sind so aufgebaut, dass die Kaltstartfeder die den Choke auslöst nur aktiv werden kann wenn das Gaspedal einmal durchgetreten wird. Wenn du also den Kaltstart aktivieren möchtest MUSS du mindesten einmal durch treten bevor du den Anlasser startest. Dabei wird auch über die Beschleunigerpumpe etwas Benzin eingespritzt.
Zu viel durchtreten ist in der Tat nicht gut, weil mit jeder Bewegung etwas Benzin über die Beschleunigerpumpe kommt. Bei den meisten Autos ist der Kaltstart aber defekt oder demontiert, daher machen viele Mechaniker diese Pumpbewegung. Nach langem stehen oder wenn Vergaser und Benzinpumpenmembranen älter sind, kann es tatsächlich manchmal notwendig sein mehr als nur 1-3 mal zu treten, da sonst nicht genug Benzin zum Start in den Vergaser gelangt.
Das langsam kommen lassen was in deiner Beschreibung steht hilft dabei das richtige Luft-Benzin Gemisch für den Start zu treffen.
Bei meinem Prozess wird der Motor “ohne” aktivierten Kaltstart 1-2 Sekunden georgelt damit der Öldruck steigt und danach wird der Kaltstart aktiviert.
Danke für die Antwort.
Bei meinem Bonni ist die Kaltstartautomatik absichtlich deaktiviert, da er auch auf LPG nach dem Venturi-Prinzip zu betreiben ist. Dementsprechend habe ich also extreme Probleme den Wagen auf Benzinbetrieb zu starten (besonders bei feuchter Witterung und Standzeit über Nacht ist es praktisch unmöglich). Ich starte daher immer auf LPG mit dem beschriebenen 1-maligen Durchtreten des Gaspedals und der wagen springt problemlos an. Die Deaktivierung der Kaltstartautomatik ist scheinbar deswegen notwendig, weil die Benzinzufuhr bei LPG-Betrieb nicht abgeriegelt wird, sondern ständig in den Vergaser ein wenig “nachdampft” (auf lange Sicht demnach Benzinverbrauch auch im Stand durch Verdampfen). Wäre die Kaltstartautomatik aktiviert würde zusätzlich zum LPG auch Benzin mit verbrannt und das Gemisch würde zu fett und der Wagen beim Starten absaufen. Zumindest erkläre ich mir das Prinzip so. Wenn von LPG auf Benzin umgestellt wird, verkleinere ich über einen Hebel die Luftfilterfläche und es wird für den LPG-Betrieb nicht mehr ausreichend Luft angesaugt. Sodann wird vom Verdampferbetrieb der LPG-Anlage auf den Vergaser umgestellt. Der Vergaser ist demnach während des LPG-Betriebes außer Kraft gesetzt. Oder funktioniert das noch anders?
Hallo, bei der LPG Gasanlage mit Verdampfer kann es passieren das die Choke-Klappe die Luft zu weit begrenzt. Ich kenne aber einige Gasanlagen die auch im Benzinbetrieb mit Kaltstart sauber laufen. Bei diesen Anlagen muss sogar über Benzin gestartet werden damit der Kaltstartprozess laufen kann. Erst nach dem der Motor warm ist, kann auf Gas betrieb umgeschaltet werden. Dabei wird über ein Magnetventil einfach das Gas aktiviert und der Benzinzufluss in den Vergaser abgeriegelt. Das da die Luftfilterfläche verändert wird ist mir neu.
Im Grunde läuft der Vergaser im Gasbetrieb trocken und der Verdampfer “bietet” dem Vergaser einfach einen Vorrat an Gas an der je nach Drosselklappenstellung und Drehzahl vom Moter angesaugt wird.
Eine leere Auto-Starterbatterie stellt wohl immer ein Argernis dar. Wohl dem, der ein Starthilfekabel sein Eigen nennt – und – auch richtig damit umgehen kann.
„ Vielen Dank für die Erläuterungen zum Kaltstart.
Bei meinem 58er Chevy Apache klappt es wunderbar mit 1x durchtreten. Deine Variante zur Schonung werde ich mal anwenden. Ich dachte bislang, dass der Kaltstart-Vorgang nicht mehr greift wenn ich zuvor ohne versucht habe zu starten.
Nun habe ich eher das Problem zu starten wenn ich bereits längere, oder auch kürzere Strecken gefahren bin!
Nach sehr kurzen Stopps startet er meistens problemlos ohne Gas etc.
Nach einer halben Stunde (ich denke, er müsste noch ausreichend warm sein) orgelt er schon ganz ordentlich.
Woher weiß ich wann er noch warm genug ist bzw. wann schon weit abgekühlt?
Vielleicht kannst Du auch mal ein paar Anwender-Tipps zum Warmstart bzw. Sommerstart geben.
Oder sollte man einfach IMMER 1-2x das Gaspedal durchtreten, egal ob kalt oder warm?“
Vielen Dank für Deine/Eure Antwort und ggf. Veröffentlichung.
Mit freundlichen Grüßen aus Haan.
Sascha Brucksch
Hi, normal sollte der Kaltstart tatsächlich nach ca. 1-2 Minuten “fertig” sein und danach der Motor einfach ohne Gasgeben starten.
Leider finde ich auf Treffen und in vielen Werkstätten immer wieder eine falsche Verkabelung der Vakuumschläuche für die Zündverstellung.
Startet dein Motor nach dem Warmlauf nicht ohne Gasgeben, stimmt mit Zündung und/oder Vergaser etwas nicht.
Um den “Kaltstart” wieder erneut zu aktivieren, benötigt das System je nach vorheriger Fahrstrecke und Umgebungstemperatur zwischen 3 und 6 Stunden.